Mechatronikerin

Lu W. hat sich schon immer für Mathematik und Physik interessiert. Die Ausbildung zur Mechatronikerin bietet zahlreiche Tätigkeitsfelder und sehr gute Verdienstmöglichkeiten

Alter bei Ausbildungsabschluss 27 Jahre
Region Tennengau
FiT Ausbildung LAP Mechatronikerin Fertigungstechnik
Ausbildungsstätte/Firma Digital Elektronik GmbH, Grödig
Aktuelle Position/Tätigkeit Technische Einkäuferin im Ausbildungsbetrieb

Warum hast du dich für diese Ausbildung entschieden?

Mathematik und Physik waren schon immer meine Leidenschaft. Mein Plan B war IT-Technikerin, aber Mechatronik ist so ein riesiger Bereich, da hat man so viele Möglichkeiten! Ich interessiere mich auch sehr fürs Programmieren und für Elektrotechnik, da hat das einfach gut gepasst. Und von der Firma her war von Anfang an geplant, mich wegen meiner Sprachkenntnisse später im technischen Einkauf einzusetzen, weil es da auch viel mit Asien zu tun gibt.

In meiner Ausbildung habe ich in der Firma alle Bereiche kennen gelernt, bei uns geht man als Lehrling alle Abteilungen durch, von der Werkstatt über die Feinmechanik, den Prüfmittelbau bis zum Lager. Da bekommt man von allem eine Ahnung.

Was machst du in der Arbeit genau?

Als Mechatronikerin könnte ich in dieser Firma in vielen Bereichen arbeiten: z. B. in der Produktion von Platinen, in der Entwicklung von Produkten und Herstellung von Prototypen, bei der Überprüfung und Testung usw. Ich bin jetzt im technischen Einkauf und kommuniziere mit Lieferanten und Herstellern, suche neue Lieferanten etc. Da ich auch Chinesisch und Englisch spreche und viele Hersteller in China und anderen asiatischen Ländern sind, kann ich da meine Kompetenzen gut einsetzen. Das technische Hintergrundwissen durch die Ausbildung zur Mechatronikerin ist dafür sehr hilfreich.

Was waren die Reaktionen deines Umfeldes auf diesen Ausbildungsweg?

Manche haben mir das nicht zugetraut, als Frau und mit anderer Muttersprache so eine anspruchsvolle Lehre zu schaffen. Aber meine Familie, besonders meine Mama, hat mich sehr unterstützt und ich wollte es unbedingt schaffen. Das ist ja auch gelungen! Ich habe sogar während der Lehrzeit noch mit der Matura angefangen.

Was hat dir diese Ausbildung gebracht?

Einen guten Verdienst, Aufstiegschancen, meinen aktuellen Job und ein breites Betätigungsfeld mit vielen Wegen zur Weiterentwicklung. Auch die Möglichkeit zu studieren, wenn ich dann die Matura habe. Mein Fleiß hat sich ausgezahlt, die Firma vertraut mir, ich habe eine verantwortungsvolle Aufgabe. Und persönlich fühle ich mich jetzt stärker, habe mehr Selbstvertrauen, kann auf eigenen Beinen stehen.

Was war für dich die größte Herausforderung?

Der Zeitdruck. Letztes Jahr war ich drei Mal in der Berufsschule. Ich musste viel Zeit ins Lernen investieren, nicht wegen der Technik, aber wegen der Sprache, vor allem anfangs musste ich immer zwischen Deutsch und Chinesisch hin und her schalten. Und natürlich war die Matura eine zusätzliche (freiwillige) Herausforderung. Schwierig war es auch anfangs in der Berufsschule, wo ich durch eine Person mit rassistischen und frauenverachtenden Vorurteilen konfrontiert wurde. Aber ich ließ mich dadurch nicht entmutigen, im Gegenteil, ich wollte es erst recht beweisen. Und schließlich konnte ich es demjenigen sogar noch sagen und er hat seine Meinung vielleicht geändert.

Wer bzw. was hat dir geholfen, dein Ziel zu erreichen?

Ich hatte einen sehr guten Ausbildungsbetreuer im Betrieb, er war sehr geduldig. Die Firma und die Kolleg/innen sind insgesamt sehr unterstützend, ich kann auch jetzt noch immer fragen.
Und eine Hilfe war, dass ich grundsätzlich sehr gerne lerne. Mir neues Wissen anzueignen gefällt mir. Und ich habe sehr konsequent und diszipliniert gelernt.

Was war dein größtes Erfolgserlebnis?

Die Lehrabschlussprüfung! Ich habe mich sehr intensiv vorbereitet, es war viel Druck und Stress und sehr schwierig, aber ich habe sie mit gutem Erfolg geschafft! In der Berufsschule hatte ich anfangs viele Vierer und wurde dann immer besser. Und dass ich nebenbei die Mathe-Matura geschafft habe, freut mich auch. Jetzt ist ein Erfolg für mich, dass ich in meiner aktuellen Position mehr Verantwortung trage und respektiert werde. Manche Kollegen waren überrascht, mich da zu sehen.

Was möchtest du anderen FiT-Teilnehmerinnen mit auf den Weg geben?

Mechatronik ist anfangs sehr schwer. Es wird aber leichter, alle Bereiche sind logisch verbunden, je tiefer man geht, desto leichter wird es. Also keine Angst haben!

Was ist dir sonst noch wichtig zu sagen?

Gib nie auf! Man muss Unterstützung suchen und annehmen (z.B. Betreuer/innen, Kolleg/innen). Und viel fragen, auch wenn es mal lästig ist.

Und wie sieht das der Betrieb?

Wir haben Stefan Skriwan, Lehrlingsbetreuer bei Digital Elektronik, gefragt:

Was sind Ihre Erfahrungen mit Frauen in technischen Berufen?

Grundsätzlich machen wir die gleichen Erfahrungen, wie mit den männlichen Lehrlingen. Es gibt sehr talentierte Damen, aber auch welche, die sich mit der Technik schwer tun. Aber, wie gesagt, das haben wir bei den Burschen auch.

Wie stehen Sie zu erwachsenen Lehrlingen?

Unser Fokus liegt grundsätzlich in der Ausbildung von Jugendlichen, unsere Stellenanzeigen sind dementsprechend dargestellt. Erwachsene Lehrlinge dagegen sind durchaus auch attraktiv für uns, weil sie einerseits schon einiges mitbringen (Erfahrungen, Fähigkeiten) und andererseits auch wissen, was sie wollen und dementsprechend engagiert arbeiten.

Was würden Sie einer erwachsenen Frau raten, die eine Lehre im technischen Bereich machen möchte? Was ist wichtig? Worauf kommt es an?

Sie sollte neben dem obligatorischen Interesse für einen technischen Beruf unbedingt ein technisches Grundverständnis mitbringen; damit sind nicht technisches Wissen oder Kenntnisse gemeint, sondern eher ein „Gefühl“ für die Technik. Daran scheitert meiner Erfahrung nach oft der positive Abschluss der Lehre. Eine Ausbildung läuft dann meistens sehr „zäh“ ab  bzw. ein Abbruch der Ausbildung ist oft mit einem mangelnden Grundverständnis verbunden. Die Lehrlinge sind dann frustriert und brechen die Ausbildung ab. Der dritte Punkt (neben Interesse und technischem Grundverständnis) ist die Fingerfertigkeit. Wenn jemand zwei linke Hände hat, tut er oder sie sich halt schwerer als jemand, der geschickt mit seinen Händen umzugehen weiß.

Möchten Sie speziell zu Lu W. noch etwas sagen?

Die Lu hat uns von Anfang mit ihrem Ehrgeiz überzeugt. Sie hat sich da echt durchgebissen und ist jetzt mit ihren Fähigkeiten (u.a. aber auch Sprachkenntnissen) eine hervorragende Fachkraft in unserem Unternehmen. Sie stellt sicher keinen „Standard“ dar für Frauen, die einen technischen Beruf ergreifen wollen, das war eher schon „High End“. Darum ist es umso wichtiger, dass die Damen eben das idealerweise mitbringen, was ich vorhin gesagt habe.

Bild: Lu W. mit Lehrlingsbetreuer Stefan Skriwan

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